Die neue GuV durch IFRS 18 – Chancen für das Controlling

Herausforderungen und Chancen des neuen Bilanzierungsstandards
Accounting & Controlling (FP&A)
Finanzdatenmodell
Reporting & Analytics
Veröffentlicht am
29.10.2025
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Mit Einführung von IFRS 18 soll eine der größten Schwachstellen der bisherigen Finanzberichterstattung behoben werden: die mangelnde Vergleichbarkeit der GuV zwischen Unternehmen.

Die neue GuV Struktur als Chance für die Unternehmenssteuerung verstehen.  

Mit der verpflichtenden Einführung von IFRS 18 zum 1. Januar 2027 steht die wohl signifikanteste Änderung der externen P&L Berichterstattung seit Jahrzehnten bevor. Der neue Standard des IASB zielt darauf ab, eine der größten Schwachstellen der bisherigen Finanzberichterstattung zu beheben: die mangelnde Vergleichbarkeit der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) zwischen Unternehmen. Bisherige Wahlrechte bei der Darstellung, die sich aus IAS 1 (Darstellung des Abschlusses) ergeben, erschweren eine transparente Leistungsbeurteilung. Konkret erlaubt der Standard die Gliederung der Aufwendungen nach dem Gesamt- oder Umsatzkostenverfahren. Viel entscheidender ist jedoch, dass IAS 1 keine verbindlichen Definitionen für zentrale Kennzahlen wie das Betriebsergebnis (EBIT) vorschreibt. Dies ermöglich Unternehmen, individuell definierte Kennzahlen wie das „bereinigte EBIT“ (oftmals auch ein „adjusted EBITDA“), zu schaffen, bei dem jedes Unternehmen nach eigenem Ermessen Posten herausrechnet.  

Doch IFRS 18 ist weit mehr als eine rein formale Anpassung. Für Finanzvorstände und Controller ist es eine strategische Chance, die Unternehmenssteuerung auf ein neues Level zu heben. Die Frage ist nicht ob, sondern wie Unternehmen diese Transformation als Katalysator für echten Mehrwert nutzen.

Die neue GuV-Struktur: Ein Paradigmenwechsel in der Darstellung

Der Kern von IFRS 18 ist die Einführung einer streng strukturierten GuV entlang drei klar definierten Kategorien: Operativ, Investiv und Finanziell. Diese verbindliche Gliederung ersetzt die bisherige Wahlfreiheit zwischen dem Gesamtkosten- und dem Umsatzkostenverfahren nach IAS 1. Das Ziel ist eine global einheitliche Darstellung der Ertragskraft.

Zentrales Element ist die Einführung neuer, verpflichtender Zwischensummen. Allen voran der Betriebserfolg (Operating Profit), der künftig die primäre operative Leistung eines Unternehmens widerspiegelt, unbeeinflusst von Investitions- und Finanzierungsentscheidungen. Dies schafft eine robuste und international vergleichbare Kennzahl, die als Grundlage für Analysen und Bewertungen dient.

Die neue Struktur erzwingt eine klare Trennung der Erträge und Aufwendungen, die direkt aus der Hauptgeschäftstätigkeit resultieren, von jenen, die aus Investitions- oder Finanzierungsaktivitäten stammen.

Die entscheidende Frage: Wie weise ich meine Kosten nun aus?

Die korrekte Zuordnung von Aufwänden und Erträgen zu den neuen Kategorien ist die zentrale Herausforderung und zugleich der Schlüssel zum Erfolg. Die Klassifizierung ist nicht willkürlich, sondern muss direkt aus dem Geschäftsmodell des Unternehmens abgeleitet werden. Es gilt die fundamentale Frage zu beantworten: Wodurch werden die Kosten ausgelöst und dienen sie dem operativen Geschäft?

Die Antwort darauf definiert die Gliederung der neuen GuV. Einige Beispiele verdeutlichen dies:

  • Reparaturkosten: Fallen sie für eine Maschine an, die Produkte herstellt, sind sie operativ. Handelt es sich um die Reparatur einer als Finanzanlage gehaltenen Immobilie, sind sie investiv.
  • Währungsumrechnung: Entsteht ein Währungseffekt aus einer eingehenden Rechnung für Material, ist er operativ. Resultiert er aus einem Fremdwährungskredit, der zur Finanzierung einer Akquisition aufgenommen wurde, ist er dem investiven oder finanziellen Bereich zuzuordnen.
  • Gewinne/Verluste aus Anlagenabgängen: Verkauft ein Mietwagenunternehmen regelmäßig seine gebrauchten Fahrzeuge, ist der daraus resultierende Gewinn oder Verlust operativ, da dies Teil des Kerngeschäftsmodells ist. Verkauft hingegen ein produzierendes Unternehmen eine nicht mehr benötigte Fabrikhalle, ist der Gewinn oder Verlust investiv.

Doch wie lässt sich diese Komplexität in der Praxis beherrschen und eine Brücke zwischen den alten und neuen Strukturen schlagen?

Unser Ansatz liegt in einem multidimensionalen Finanzdatenmodell. Wie die nachfolgende Grafik (Abbildung 1) illustriert, ermöglicht ein solches Modell nicht nur die Überleitung zwischen Gesamtkosten- und Umsatzkostenverfahren. Es schafft auch die Grundlage, um die neue, streng nach operativen, investiven und finanziellen Kategorien gegliederte GuV nach IFRS 18 abzuleiten. Gleichzeitig erlaubt es einen „Aufriss“ der Funktionsbereiche (bspw. Verwaltungsaufwand) in die jeweiligen GKV-orientierten Kosten und sichert so die volle Transparenz und Steuerungsfähigkeit.

Abbildung 1: Änderungen in der Gewinn- und Verlustrechnung (Quelle: eigene Darstellung)
Die Veränderungen müssen Unternehmensindividuell analysiert werden.
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IFRS 18 Berichtswesen als strategische Chance

Unternehmen können mit der Einführung von IFRS 18 weitreichende Potenziale freisetzen:

  • Verbesserte Transparenz und KPI-Qualität: Die einheitliche Struktur schafft erstmals eine echte Vergleichbarkeit von Kennzahlen wie der EBIT-Marge über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg. Das Controlling erhält eine verlässlichere Grundlage für das Benchmarking und die Performance-Analyse. Hierbei ist es wichtig zu stressen, dass eben genau das Controlling das Interesse haben sollte, die IFRS 18 Einführung zu nutzen. Oftmals werden die ganzen IFRS-Sachverhalte ja nur von Accounting betrachtet.
  • Harmonisierung von interner und externer Steuerung: Eine saubere Handhabung der sogenannten Management Performance Measures (MPMs) stärkt die Glaubwürdigkeit und verhindert Missverständnisse bei Analysten und Investoren. IFRS 18 rückt diese unternehmensindividuellen Kennzahlen (z.B. „bereinigtes EBITDA“), die nicht nach IFRS-Vorschriften berechnet werden, in den Fokus. Der Standard verlangt für MPMs künftig eine detaillierte Überleitungsrechnung zur nächstgelegenen IFRS-Kennzahl sowie eine Erläuterung, warum diese Kennzahl die Unternehmensleistung besser abbildet. Hierdurch übernimmt das Controlling eine entscheidende Governance-Funktion: Es definiert und dokumentiert diese Kennzahlen, stellt die Konsistenz sicher und verantwortet die transparente Kommunikation gegenüber dem Kapitalmarkt.
  • Stärkung der Verbindung zur Kapitalflussrechnung: Eine der subtilsten, aber wirkungsvollsten Änderungen ist die Annäherung der GuV-Struktur an die der Kapitalflussrechnung (IAS 7). Durch die nahezu identische Gliederung in operative, investive und finanzielle Kategorien wird die Brücke zwischen der periodengerechten Erfolgsrechnung und der Cash-basierten Betrachtung geschlagen. Für das Controlling und externe Analysten wird es dadurch wesentlich einfacher, die Qualität des ausgewiesenen Gewinns zu beurteilen. Ein hoher operativer Gewinn, der nicht durch einen entsprechend hohen operativen Cashflow untermauert wird, wirft sofort Fragen auf. Diese erzwungene Transparenz engt den Spielraum für Bilanzpolitik erheblich ein, da sich die Ertragskraft nun direkter im Cashflow widerspiegeln muss. Die „Story“ hinter den Zahlen muss konsistent sein.

Fazit: IFRS 18 als strategisches Mandat für den Finanzbereich

IFRS 18 - Mehr als nur eine neue Gliederung

Zusammenfassend lässt sich unterstreichen, dass IFRS 18 kein reines Compliance-Thema ist, sondern ein Mandat zur strategischen Weiterentwicklung des Finanzbereichs. Die neue GuV-Struktur erzwingt eine Disziplin und Transparenz, die weit über die externe Berichterstattung hinausgeht. Sie bietet die Chance, die interne Steuerung zu optimieren, die Kommunikation mit dem Kapitalmarkt zu verbessern und die Transformation der Finanzprozesse voranzutreiben.

Die Zeit für die Vorbereitung hat bereits begonnen. Unternehmen müssen schleunigst damit beginnen, ihre Ertrags- und Aufwandsposten systematisch zu analysieren und ihr Geschäftsmodell klar zu definieren. Dieser Schritt ist entscheidend, um die Weichen für eine erfolgreiche Umstellung zu stellen, denn die Transformation erfordert eine integrierte Betrachtung von Prozessen, Daten und Systemen. Die klare SET Empfehlung lautet IFRS 18 nicht nur als regulatorische Pflicht, sondern als strategische Chance zur Weiterentwicklung der Finanzorganisation zu betrachten.

Wie schätzen Sie die IFRS 18-Readiness Ihres Unternehmens ein? Und wo sehen Sie die größten strategischen Potenziale für Ihre Organisation?  

Wir freuen uns darauf, diese Themen mit Ihnen zu diskutieren und sie dabei von unserer Erfahrung aus einer Vielzahl von Finanztransformationsprojekten profitieren lassen zu können. Schreiben Sie uns gern.

Literaturverzeichnis

IASB. (2024). Presentation and Disclosure Financial Statements (IFRS 18). https://www.ifrs.org/issued-standards/list-of-standards/ifrs-18-presentation-and-disclosure-in-financial-statements/

Mateen Thaha

Managing Partner

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